Das Fernabsatzgesetz aus Sicht des Software-Anbieters Zum 30.06.2000 tritt das Fernabsatzgesetz (FernAbsG) in Deutschland in Kraft. Ziel dieses Gesetzes (als deutsche Umsetzung einer EU-Richtlinie) ist die Stärkung der Verbraucherrechte. Das Gesetz sollte bereits am 1.6.2000 in Kraft treten, wurde aber am 19.05. vom Bundesrat gestoppt; der Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 7.6. wurde am 8.6. vom Bundestag und am 9.6. vom Bundesrat verabschiedet. (So haben Handel und Verbraucher viel, viel Zeit, sich auf die neue Gesetzeslage einzustellen ...) Vorab: Ich bin kein Rechtsanwalt. Ich möchte hiermit lediglich mitteilen, inwiefern Sharewareautoren und andere Software-Anbieter nach meinem Kenntnisstand vom Fernabsatzgesetz betroffen sind. 1. Fernabsatz Alle Vertriebswege, bei denen über Telefon, Fax, Internet etc. bestellt wird. 2. Widerrufsrecht Kunden haben das Recht, die Bestellung innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung zu widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit der Lieferung und erst, wenn der Kunde über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Hier liegt ein Fallstrick: wenn Anbieter nicht auf das Widerrufsrecht hinweisen, verfällt der Anspruch auf Widerruf erst nach 4 Monaten. Im Falle des Widerrufs kann der Kunde die Ware auf Kosten des Händlers zurücksenden. Bei Sendungen im Wert von weniger als 40 Euro kann der Händler die Kosten für die Rücksendung dem Kunden aufbürden (dies sollte bei fast allen Shareware-Programmen möglich sein). Auch hier gilt: vorher informieren! Die Rücksendung ist für den Kunden immer kostenlos, wenn er Ware erhält, die er nicht bestellt hat! 3. Wichtig für Software 3.1. Kein Widerrufsrecht für entsiegelte Software! Also: Disketten und CDs versiegeln und darauf hinweisen, dass mit dem Öffnen des Siegels das Widerrufsrecht verfällt. 3.2. Das Widerrufsrecht gilt nicht für Verträge "zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde" Einige Shareware-Autoren vertreten die Meinung, dass ein für den jeweiligen Kunden erzeugter Freischaltcode "nach Kundenspezifikation angefertigt" wurde und deshalb das Widerrufsrecht nichtig macht; darüber kann man diskutieren. Evtl. ist es besser zu argumentieren, dass ein Freischaltcode aufgrund seiner Beschaffenheit nicht zurückgegeben werden kann. Bei Postversand können Freischaltcodes in einem versiegelten Umschlag verschickt werden; so wäre dann eine Rückgabe des nicht entsiegelten Codes möglich. 3.3. Bei Dienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht, "wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat". Wenn man das Erzeugen des Freischaltcodes als Dienstleistung versteht, wäre dies auch eine Möglichkeit: Versand einer Auftragsbestätigung mit Hinweis auf Widerrufsrecht und Erlischen des Widerrufsrechts bei Anforderung des Freischaltcodes, Versand des Freischaltcodes (evtl. automatisch durch Webserver) nach Kundenantwort. 3.4. Online-Angebot von Software "In der Begründung zum Referentenentwurf wird davon ausgegangen, dass auch online zur Verfügung gestellte Software- und Multimediaanwendungen der Beschaffenheit nach nicht für eine Rücksendung geeignet sind." Hierbei handelt es sich entweder um eine Dienstleistung (Software die auf dem Web-Server läuft) oder um eine Ware, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zurückgegeben werden kann. 4. Informationspflicht Der Kunde muss genau über den Anbieter und das Produkt informiert werden. Diese Information muss ihm auf einem permanenten Datenträger zur Verfügung gestellt werden (nach einem Referentenentwurf reicht eine E-Mail hierfür aus, da sie gespeichert und gedruckt werden kann). 4.1. Erforderliche Informationen "Der Unternehmer muss den Verbraucher rechtzeitig vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich informieren über: 1. seine Identität und Anschrift, 2. wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung, sowie darüber, wann der Vertrag zustande kommt, 3. die Mindestlaufzeit des Vertrags, wenn dieser eine dauernde oder regelmäßig wiederkehrende Leistung zum Inhalt hat, 4. einen Vorbehalt, eine in Qualität und Preis gleichwertige Leistung (Ware oder Dienstleistung) zu erbringen, und einen Vorbehalt, die versprochene Leistung im Falle ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen, 5. den Preis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Steuern und sonstiger Preisbestandteile, 6. gegebenenfalls zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten, 7. Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder Erfüllung, 8. das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts nach § 3, 9. Kosten, die dem Verbraucher durch die Nutzung der Fernkommunikationsmittel entstehen, sofern sie über die üblichen Grundtarife, mit denen der Verbraucher rechnen muss, hinausgehen, 10. die Gültigkeitsdauer befristeter Angebote, insbesondere hinsichtlich des Preises." 4.2. Besonders hervorzuheben "1. Informationen über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufs- oder Rückgaberechts nach den §§ 3 und 4 sowie über den Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b, 2. die Anschrift der Niederlassung des Unternehmers, bei der der Verbraucher Beanstandungen vorbringen kann, sowie eine ladungsfähige Anschrift des Unternehmers und bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder -gruppen auch den Namen eines Vertretungsberechtigten, 3. Informationen über Kundendienst und geltende Gewährleistungs- und Garantiebedingungen [...]" 4.3. Zum Zeitpunkt der Information "Nach der Begründung des Referenten-Entwurfs ist es als rechtzeitige Information vor Abschluss des Fernabsatz-Vertrages anzusehen, wenn Informationen etwa auf der Web-Seite im Internet enthalten sind und der Verbraucher vor Vertragsabschluss auf diese Informationen hingewiesen wurde. Welche Anforderungen die Rechtsprechung an die Form des Hinweises stellen wird, ist noch ungewiss. Wer sicher gehen will, die Informationspflichten zu erfüllen, sollte den Verbraucher vor Abschluss des Vertrages eine Bestätigung absenden lassen, in welcher der Verbraucher erklärt, den Hinweis wahrgenomen zu haben." 5. Alte Prospekte Alte Prospekte, die nicht den Informationspflichten gerecht werden, dürfen noch bis zum 31.3.2001 verwendet werden. Ich denke, Shareware-Autoren sollten schnellstmöglich neue Programm-Versionen mit angepaßten Bestellformularen in Umlauf bringen. 6. Gesetzestext Zu finden zum Beispiel unter www.fernabsatzgesetz.de 7. Schlußbemerkungen 7.1. Ich weiß, dass einige ASP-Mitglieder ihren Kunden ein unbedingtes Rückgaberecht einräumen und damit auch sehr zufrieden sind. Ich habe es bislang noch nicht ausprobiert ... 7.2. Gegenstand dieser Abhandlung ist das Fernabsatzgesetz und das hierdurch gegebene Widerrufsrecht des Kunden (ohne Begründung). Bei nicht funktionierender Software kann der Kunde auch weiterhin Minderung oder Wandelung (Rückgängigmachung des Kaufes) verlangen. Zusammenstellung: Thomas Hövel, www.hoevel.de troisdorf22@hoevel.de